Die Anreise

Russinnen zwei Tage unterwegs

 

22.08.2007 · Die Fahrerinnen des Frauen-Etappenrennens haben zum Teil abenteuerliche Anreisen hinter sich. Bei den Profis lief alles glatt, die Exoten standen vor kaum überwindbaren Hürden.

ALBSTADT. Bereits am Sonntag war die amerikanische Nationalmannschaft pünktlich eingetroffen. " No problem", grinste Mechaniker Chris Franges, der eines der beiden Fahrzeuge steuerte. Das Navigationsgerät habe den direkten Weg von der Frankreich-Rundfahrt auf die Landessportschule gewiesen, in der ein Großteil der Nationalmannschaften Quartier bezog.

Spannender wurde es für Ulrich Bock, Leiter der Landessportschule und Cheforganisator des bislang hochkarätigsten Frauen-Radrennens in diesem Jahr in Europa, am Montag. Die Norwegerinnen, Britinnen, Luxemburgerinnen und eine Vorhut des T-Mobile-Teams trafen planmäßig ein. Aber die Chinesinnen, Russinnen und Polinnen waren verschollen. Zwischendurch gab es eine positive Rückmeldung des Schweizer Profi-Teams Raleigh, dass es die Weltranglistenzweite Nicole Cook mitbringen wird. Ansonsten: Schweigen im Walde.

Gegen 15.30 Uhr endlich meldete sich telefonisch der Teamchef der chinesischen Mannschaft: Sie stehen in Innsbruck und wissen nicht mehr weiter. Die entsprechende Handynummer gab Bock an einen Dolmetscher weiter, der sie über Stuttgart bis Tübingen dirigierte.

Am Abend, kurz vor der Schlussbesprechung des Organisationskomitees, fuhr ein altersschwacher, blauer GAS vor der Landessportschule vor. Auf dem Dach mit Plastikbändern festgezurrte Rennräder, innen drin der Coach des Teams St. Petrogradiants und sechs junge russische Fahrerinnen, von denen nur eine leidlich englisch spricht. Zwei Tage waren sie unterwegs. Zunächst nahmen sie eine Fähre nach Schweden, auf der sie ein bisschen Schlaf fanden, den Rest legten sie sitzend in ihrem Kleinbus zurück. Völlig übermüdet zogen sie sich nach dem Abendessen in ihre Zimmer zurück und hauten sich aufs Ohr um fit für das Zeitfahren zu sein. Dieses Etappenrennen, so viel ließ ihr Trainer noch durchblicken, ist für die blutjungen Fahrerinnen, die allesamt der Nationalmannschaft angehören, die letzte Chance auf den WM-Zug aufzuspringen.


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Noch während das Organisationskomitee tagte und gemeinsam mit der norwegischen Rennleiterin Turi Lindhelm-Nilsen die Details für die drei Renntage durchsprach, klingelte das Telefon. Die Chinesinnen wussten in Tübingen nicht mehr weiter. Ein Auto wurde losgeschickt, um sie in Hechingen abzuholen und auf die Alb zu lotsen. Von den Polinnen fehlte jede Spur.

Kurz nach halb zehn trafen endlich die beiden Fahrzeuge der Chinesinnen in Hechingen ein. Eilends wurde ein Tisch in einem China-Restaurant reserviert, doch bei ihrer Ankunft in Tailfingen waren die Athletinnen und ihre vier Betreuer so müde, dass sie nichts mehr von einem Ausflug in die Stadt wissen wollten. Binnen kurzer Zeit zauberte das Küchenteam an der Landessportschule ein reichhaltiges Menü aus dem Hut.

Fröhlich mampfend erzählte Trainer Wu Weipi einiges über sein Team. Dass es schon seit März in Europa ein Rennen nach dem anderen bestreite, dass die Mädchen zum Lernen hier seien, dass sie in dieser Zeit gewaltige Fortschritte gemacht hätten, dass jeden Monat eine oder zwei Fahrerinnen in die Heimat zurückfliegen und andere nachkommen. Deshalb hat er nach der Frankreich-Rundfahrt in der Vorwoche einen Abstecher nach Turin gemacht, um eine seiner Athletinnen zurückzuschicken, die bei den Asienmeisterschaften teilnehmen soll. Optimistisch ist der Coach, dass einige seiner Schützlinge bei den Rennen in Albstadt punkten können. Die Weltranglistenpunkte sind nämlich neben dem Ergebnis bei der Weltmeisterschaft Ende September in Stuttgart für die Teilnahme an den Olympischen Spielen ausschlaggebend.

von Zollern-Alb-Kurier, 22.08.2007

 

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