24.08.2013 · Hanna Kupfernagel hat gestern Abend den Prolog beim Frauen-Etappenrennen in Albstadt gewonnen. Dabei stand der Start der Ex-Weltmeisterin bis Minuten vor dem Start auf der Kippe – aufgrund einer Autopanne.
Es war das erwartet spektakuläre Sprintrennen am „Bärenkreisel“ in Truchtelfingen, das Hanka Kupfernagel von Beginn an dominierte – und gemeinsam mit Martina Zwick und der Bundesliga-Führenden Esther Fennel (beide Koga Ladies) das Feld mit rasantem Tempo anführte. „Richtig gute Beine“, attestierte Uli Bock der 39-jährigen Ausnahmeathletin, welche erst kurz vor dem Start in der Sportstadt eintraf. Der Grund: eine Autopanne. „Das war schon knapp“, räumte die Cross-Spezialistin ein. Wie das Rennen. Für das hatte sich Kupfernagel eine klare Taktik zurecht gelegt. „Auf der schnellen Runde ist es schwierig, ein Loch zuzufahren“, erklärte die Storck-Pilotin, welche gestern Abend alle drei Trikots gewonnen hat – für die beste Bergfahrerin und Sprinterin sowie als Gesamtführende. Sie attackierte bereits auf den ersten Kilometern und fuhr – flankiert von den Koga-Fahrerinnen – fast eine Minute Vorsprung heraus. Das Feld kämpfte um den Anschluss, doch bereits Mitte des Rennens war klar: Das Trio macht die ersten drei Plätze unter sich aus. Auf der letzten Runde erhöhte Kupfernagel noch einmal die Schlagzahl und rollte nach knapp einer Dreiviertelstunde ins Ziel, vor Zwick und Fennel. „Da hat sich meine Erfahrung auf dieser Strecke ausgezahlt“, resümierte die 33-fache Deutsche Meisterin.
Bei den Juniorinnen setzte sich die neue Weltmeisterin im „Omnium“ der Juniorinnen, Anna Knauer (Weißenburg), durch. Auf den letzten Metern nach 25 Kilometern ließ die 18-Jährige im Schlusssprint Lisa Schaub aus dem Saarland und die Österreicherin Marlene Schilling hinter sich. „Das war kein einfaches Rennen“, meinte Knauer und verwies auf einen schnellen Kurs mit vielen Kurven. Nach dem schweren Sturz des Tieringers Marcel Reiser im Jedermann-Rennen brachten die Nachwuchsfahrerinnen mächtig Punch auf die Pedale, „sind aber trotz des hohen Tempos sehr fair gefahren“, erklärte die Fränkin, die nicht mit dem Sieg gerechnet hatte. Sie sei die vergangenen vier Wochen fast ausschließlich auf der Bahn unterwegs gewesen, erzählte die Fahrerin des Rottaler Radsportvereins und blickte dann voraus: „Jetzt schauen wir uns die zweite Etappe noch mit dem Auto an. Mal sehen, was noch geht ...“
Auch auf der heutigen Königsetappe will sich Knauer von der Konkurrenz nicht abhängen lassen – ebenso wenig wie Kupfernagel. „Die Titelverteidigerin ist nicht gekommen, um Zweite zu werden“, betonte Bock, Motor- und Ideengeber des Frauen-Etappenrennens. Das wurde durch die kurzfristige Teilnahme der mehrfachen Weltmeisterin deutlich aufgewertet – und diese setzte auf den ersten 30 Kilometern gleich ein erstes Ausrufezeichen. „Eigentlich haben wir nicht mehr gerechnet, dass Hanka nach Albstadt kommt“, gestand er ein, „doch wir freuen uns natürlich, dass die achtfache Querfeldein-Weltmeisterin und Deutsche Bergmeisterin des Vorjahres bei uns startet.“ Allerdings bestreitet die 39-Jährige ohne Teamkolleginnen die Rundfahrt.
Mountainbikerin Elisabeth Brandau (Bild oben) stellte sich der Herausforderung, Hanka Kupfernagel (unten links) und Anna Knauer gewannen
Im Vorjahr dominierte die Grande Dame des Straßenradsports die Gesamtwertung und die Bergwertung beim Klassiker – und war in der Sprintwertung obendrein noch Zweite. „Diesmal wird die Konkurrenz jedoch noch größer, denn die Schweizerinnen, Tschechinnen und Österreicherinnen treten ja mit starken Teams an“, erwartet Bock am zweiten Veranstaltungstag packende Positionskämpfe (ab 13 Uhr). Auf der neu konzipierten, 14 Kilometer langen Schleife wird es wie im Vorjahr richtig hart für die Frauen, die einen markanten Anstieg im Schalkental zu bewältigen haben. Am Flugplatz Degerfeld vorbei über Bitz geht es zurück nach Truchtelfingen. „Die Wellen zum Schafshaus kosten viele Körner“, prognostiziert Bock, „und auch die Serpentinenabfahrt ist nicht einfach.“ Bereits bei der Berg-DM im Vorjahr hatten die Verantwortlichen diesen Kurs im Visier, „doch es ließ sich nicht umsetzen.“ Diesmal hat es geklappt – und Bock freut sich auf eine anspruchsvolle Königsetappe (84 Kilometer): „Von der Typographie und der Beschaffenheit ist dieser Kurs allererste Sahne. Ein richtig schweres Straßenrennen.“ Da ist es nicht überraschend, dass das Gros der Teams bereits am Donnerstag angereist ist, um die Strecke zu testen. „Die Profis fahren natürlich die Ecken und Kanten im Vorfeld ab“, sagt der Leiter des Landessportschule, der nur zu genau weiß: „Der Kurs ist eine echte Herausforderung.
"An der Königsetappe werden wir gemessen, davon lebt unsere Veranstaltung"
Für die finalen Straßenrennen der Frauen-Rad-Bundesliga haben die Verantwortlichen die Königsetappe (84 Kilometer) am zweiten Renntag entsprechend modifiziert. „Wir sind nur attraktiv für die Fahrerinnen, wenn wir eine attraktive Runde haben“, meint Ulrich Bock. Der Sprecher des Organisationskomitees des Frauen-Etappenrennens erklärt: „An der Königsetappe werden wir gemessen, davon lebt unsere Veranstaltung.“
Entsprechend hoch ist der logistische Aufwand für das Straßenradrennen auf der 14 Kilometer langen Schleife rund ums Degerfeld. Markant ist der Anstieg im Tailfinger Schalkental, welcher in der Frauenkonkurrenz am heutigen Samstag sechs Mal gefahren werden muss (ab 13 Uhr). Trotz aller Strapazen für die Pedaleure ist sich Bock sicher: „Das ist ein schöner Abschluss der Rad-Bundesliga der Frauen.“
Die dritte und letzte Etappe des Klassikers wird schließlich am Sonntag auf der Talgang-Runde gefahren. Diese spart die Berge komplett aus und bewegt sich durchweg im flachen und schnellen Terrain. „Das ist die sportliche Herausforderung für die Tempofahrerinnen und Teamworker“, blickt Bock voraus und fasst zusammen: „Das ist eine runde Sache mit drei Etappen vom Feinsten für die Fahrerinnen.“
Am bewährten Konzept halten die Verantwortlichen des RSV Tailfingen und des SC Truchtelfingen weiterhin fest. Natürlich sei ein Aufstieg in die Weltliga im kommenden Jahr denkbar, sagt Bock, „doch damit geben wir unser Profil auf, da die UCI zwingend ein Zeitfahren vorschreibt. Das ist allerdings bei den Zuschauern in Albstadt nicht besonders gut angekommen. Deshalb wollen wir weiter ein Teil der Bundesliga bleiben.
von Zollern-Alb-Kurier, 24.08.2013